Mende HondaCB 900 Hornet aus PS 12/2002

Mitten ins Herz bohrt die Mende-Horniße den Stachel und injiziert literweise Glücks-hormone. Willenlos gibt sich ihr der berauschte Fahrer hin und macht was die Schönheit von ihm will. Er räubert ausgelaßen durchs Revier.

"Sie ist da!" Der Ruf durch die Redaktion ist kaum verhallt, als Menschenmaßen eilig durch die Gänge und Richtung Tiefgarage wuseln. Dort streichen viele Augenpaare neugierig über das Objekt der Begierde: die schwarz/gelb lackierte Mende Honda Hornet 900.

Eine aggressiv gestylte Hagen Lampenmaske mit zwei DE-Scheinwerfern schmückt die Fahrzeugfront, kombiniert mit einem Superbike-Lenker, der an einer feinen BKG-Gabelbrücke montiert ist. Die untere Brücke nimmt die Standrohre einer CBR 900 RR per Achtfach-Klemmung fest in ihre Klauen. Zwei Verkleidungsteile verzieren den Kühler, und eloxierte Schräubchen glänzen am Motor. Dessen Unterseite ist wiederum von einem Bugspoiler umhüllt. Makellose, einstellbare Gilles Rasten bieten Platz für die Füße. Am Fahrzeugheck entlassen ABE-Schalldämpfer das Abgas ins Freie. Dazwischen leuchten Miniblinker und ein bildschönes Dioden-Rücklicht um die Wette. Über diesem verschalt eine Zubehör-Abdeckung den Sozius-Platz der Sitzbank.

Schließlich fallen wohlgestaltete Lightcon-Felgen ins Auge des Betrachters, den jetzt endgültig nichts mehr halten kann: Aufsitzen, Starterknopf drücken und los gehts. Sofort fällt auf, dass die beiden Endtöpfe angenehm gemäßigten Sound erzeugen. Zudem ist die Auspuffanlage mit geregelten Katalysatoren ausgestattet, die das Umwelt-Gewissen beruhigen. In kaltem Zustand hüstelt die Mende-Hornet im unteren Drehzahlbereich allerdings noch leicht verstimmt. Unter 4000/min mag sie nicht so recht Gas annehmen und verschluckt sich etwas. Ein Phänomen, das im Warmzustand zwar milder in Erscheinung tritt, aber nicht völlig verschwindet."Okay", denke ich, "dann bekommst du, was du brauchst" und gebe ihr ordentlich die Sporen. Was die Hornet sogleich dankbar in stürmischen Vorwärtsdrang umsetzt. Überwältigend, wie gierig und willig sie Gasbefehle annimmt, unaufhaltsam loslegt und das Vorderrad selbst im zweiten Gang noch in die Weite des Himmels schießt. In beeindruckender Manier beschleunigt die genmanipulierte Hornisse auf und davon und möchte gar nicht aufhören zu drehen. Weiter und weiter jagt sie durchs Band und über den roten Bereich des serienmäßigen Drehzahlmessers hinaus.

Der ins Cockpit integrierte Schaltblitz zuckt hektisch und mahnt zum Gangwechsel, bei 12100/min kommt schließlich der elektronische Stopp. Ein Blick aufs Messprotokoll des Prüfstandes verdeutlicht, was der staunende Pilot soeben erfahren durfte: Beeindruckende 129 PS drückt die 900er auf die Rolle. Das sind stramme 21 PS mehr, als eine Serien Hornet zu leisten vermag. Ein um 10 Kilogramm reduziertes Gewicht (207 kg) und die Verkürzung der Übersetzung durch Ritzel und Kettenrad um mehr als 20 Prozent (15:49 statt 16:43) machen die große Hornet auch nicht gerade langsamer. Freilich dreht der Vierzylinder bei gleicher Geschwindigkeit nun höher. Das merkt vor allem, wer auf der Autobahn unterwegs ist. Wen hohe Drehzahlen nicht schrecken, der wird am Begrenzer mit einer Höchstgeschwindigkeit von 247 km/h belohnt. Um eine Nacheilung des Serien-Tachos zu verhindern, ist diesem ein einstellbarer Konverter vorgeschaltet, der an verschiedene Übersetzungen angepasst werden kann.

Doch wie kommt es, dass das Triebwerk des Edel-Insekts die Kraft für solch atemberaubende Darbietungen entwickelt? Christian Mende gibt Auskunft: "Die originalen Nockenwellen sind so umgeschliffen, dass durch die geänderten Steuerzeiten mehr Gasdurchsatz gewährleistet ist." Der Meister weiter: "Strömungsgünstig bearbeitete Ansaugkanäle und Änderungen am Benzindruck sowie dem Einspritzdüsen-Winkel erlauben einwandfreie Verwirbelung. Außerdem lassen optimierte Ventilsitze mehr zündfähiges Gemisch in die modifizierten Brennräume einströmen."

Der Tuner erhöhte zudem die Verdichtung auf 13:1 und passte die Serienkolben den geänderten Platzverhältnissen im Brennraum an. Für einen ruhigen Motorlauf wurde die Kurbelwelle feingewuchtet. Der Niedersachse fertigte zudem eine tadellose Krümmeranlage und glich Zünd-und Einspritzkurven dem erstarkten Aggregat an.

Ein wahres Kraftpaket also, das nach einem straffen Fahrwerk verlangt. So werkelt in der Front die bereits erwähnte Gabel der CBR 900, verfeinert mit Federn von Wilbers. Dadurch spricht die serienmäßig etwas unsensible Forke spürbar besser an. Lediglich beim scharfen Bremsen, das durch die tadellose Original-Anlage der CBR 900 zum freudigen Erlebnis wird, taucht die Hornet schnell ab und geht sanft auf Block. Etwas härtere Federn würden die sonst astreine Arbeit der Gabel wirkungsvoll unterstützen.

Ebenfalls von Wilbers stammt das Federbein. Sensibel ansprechend und satt gedämpft, verrichtet es hervorragend seinen Dienst. In Höhe, Zug- und Druckstufe einstellbar, ergeben sich reichlich Kombinationen für das Setup. Die Druckstufe bietet sogar Justiermöglichkeiten im Low- und Highspeed-Bereich. Bei sanften Bodenwellen federt der Monoshock langsam ein-ein Fall für die Lowspeed Dämpfung. Diese sollte vergleichsweise straff ausfallen, damit das Motorrad satt liegt. Kurze, harte Schläge hingegen fordern durch schnelle Einfeder-Bewegungen die Highspeed-Druckstufe. Für gutes Ansprechverhalten bei derben Boden-Unebenheiten darf deren Schräubchen ein paar Klicks weiter geöffnet werden als beim Lowspeed-Pendant. Derart justiert, lässt es sich trefflich heizen. Phänomenal, wie satt die Hornet liegt, glasklar die Rückmeldung von der Straße. Auch die Sitzposition mit angehobenem Heck und breiter, hoher Lenkstange macht heiss aufs Ballern und das flinke Treiben zum Genuss. Kurven durchfahren? Super! Anvisieren, abwinkeln, durchpfeilen, fertig.

Die Metzeler Sportec M-1 harmonieren dazu perfekt mit der Hornisse, unterstützen deren eindrucksvolle Fahreigenschaften und verwöhnen mit viel Grip.

FAZIT: Die Mende-Hornet ist ein fesches, bärenstarkes und wieselflinkes Spaß-Gerät mit großem Sucht-Potenzial. Lediglich an der etwas unwilligen Gasannahme bis 4000/min sollte Mende noch arbeiten, damit es bei der Hornisse auch unten herum brummt.

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